Klassische Reitweise

Die Klassische Reitweise (auch barocke oder höfische Reitweise) entstammt ursprünglich der Kriegsreiterei in Europa, als die Ritter ihr Pferd im Kampf ohne Zügel lenken mussten. Die Hände wurden gebraucht, um Waffe und Schutzschid zu tragen. Die Kriegspferde waren so gut ausgebildet, dass sie ihre Reiter im Kampfe mit speziellen Tritten und Sprüngen unterstützen konnten. Ab dem 18. Jahrhundert wurde Reiten an den Höfen Europas nicht nur noch zum Zweck, sondern zum Zeitvertreib und als Kunst angesehen. 

Die klassische Reitlehre beruft sich u.a. auf verschiedene Reitmeister seit der Antike, so wie Xenophon, später ab der Renaissance dann u.a. Antoine de Pluvinel, François Robichon de la Guérinière und François Baucher, deren Lehren heute die Grundsteine der klassischen Reiterei bilden. Heutzutage gibt es unter den verschiedenen Lehrern und Institutionen teilweise verschiedene Strömungen und Auffassungen, was an den unterschiedlichen historischen Vorbildern liegt. Das ist der Grund, warum es nicht die eine klassische Reitlehre gibt. Gemeinsam haben aber alle das Ziel, Pferd und Reiter entsprechend ihrer Anatomie und Biomechanik auszubilden. Der Grundsatz lautet: Die Dressur ist für das Pferd da und nicht das Pferd für die Dressur. Durch die verschiedenen Lektionen der Dressur soll das Pferd gymnastiziert und gesund erhalten werden. Es wird viel Wert auf eine gründliche und langsame Ausbildung gelegt, die zuerst vom Boden aus beginnt und später im Sattel fortgesetzt wird.

Von Beginn an, wird viel Wert auf einen hohen Versammlungsgrad gelegt. Reiten nach klassischen Grundsätzen soll leicht und elegant aussehen. Es handelt sich um ein feines Reiten mit möglichst dezenter Hilfengebung (Impulsreiten). Das Pferd soll dazu angeregt werden, selbständig mitzudenken und mitzuarbeiten, weswegen man dem Pferd auch gewisse Freiheiten zugesteht. Es geht nicht um Wettbewerbe, sondern um Kunst. Stets unter Berücksichtigung der individuellen Möglichkeiten und Voraussetzungen soll jedes Pferd zu seiner größtmöglichen Entfaltung gebracht werden - ganz ohne Zwang. Das Pferd wird als edles Geschöpf respektiert und mit Würde behandelt. Dies bedeutet eine grundlegende Einstellung nicht nur zur Reiterei und den Pferden, sondern bringt bestenfalls eine ganze Lebensphilosophie mit sich.

Das höchste Ziel der klassischen Reiterei ist die Dressur bis zur Hohen Schule mit Lektionen wie der Piaffe, Passage und die Lektionen über der Erde wie die klassischen Schulsprünge. Geritten wird dies in hoher Versammlung und bestenfalls einhändig auf blanker Kandare. Die Übungen vom Boden werden vorwiegend mit dem Kappzaum erarbeitet. Die bevorzugten Pferderassen sind z.B. die iberischen Pferderassen wie PRE und Lusitanos, Lippizaner, Knabstrupper, Araber oder Friesen. Aber auch mit jeder anderen Pferderasse kann nach klassischen Grundsätzen geritten werden. Es geht nicht ausschließlich darum, Pferd und Reiter bis zur Hohen Schule auszubilden, sondern vorrangig um den Grundsatzgedanken der langsamen, gründlichen, pferdeschonenden und fairen Ausbildung sowie Entwicklung von Pferd und Reiter.